Präzisionsarbeit Hand in Hand
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Erfolgreiches Projekt zur Instandsetzung von Altverrohrung an exponierter Stelle
Sanierungsprojekt Kortelbach - eine besondere Herausforderung
Mit modernster Technik haben die Stadtbetriebe Unna ein Bauprojekt erfolgreich abgeschlossen, bei dem im sensiblen Bereich der Gleisanlagen des Bahnhofs Unna dringend notwendige Sanierungsarbeiten der Kanalisation durchzuführen waren. Die professionelle Zusammenarbeit der beteiligten Firmen war eine wesentliche Voraussetzung dafür, das Projekt mit seinen außergewöhnlichen Anforderungen in dem vorgegebenen engen Zeitrahmen erfolgreich abzuschließen.
Die von den Stadtbetrieben Unna mit der grabenlosen Sanierung beauftragte DIRINGER & SCHEIDEL ROHRSANIERUNG NL Gelsenkirchen (D&S) setzte zur Realisierung auf die bewährte UV-Liner-Technik und einen Liner von RELINE EUROPE und der RELINE UV-Group. Die SMG Bautenschutztechnik GmbH aus Lage wurde mit den Tiefbauarbeiten separat beauftragt und entwickelte eigens für diesen Anwendungsfall eine Technik, um den Einbau eines Liners die passende Geometrie herzustellen.
Die Aufgabenstellung
Dipl. Ing. Thomas Matter, Bereichsleiter Abwasserwirtschaft/Gewässer der Stadtbetriebe Unna, erläutert die Herausforderungen des so genannten Kortelbachprojekts in Unna: „Der Kortelbach entspringt in der Nähe des Ortsteils Unna - Billmerich im Süden Unnas. In seinem Verlauf Richtung Norden durchfließt das Gewässer zwei Hochwasserrückhaltebecken. Bis 2019 mündete der Bachlauf im Innenstadtbereich in eine ca. zwei Kilometer lange Verrohrung. Ab hier wurde das Bachwasser mit Mischwasser vermengt, der verrohrte Bach wurde zum Mischwasserkanal.
In den Jahren 2016 bis 2019 wurde das saubere Bachwasser vom Mischwasser entflochten. Für das Gewässer bauten die Stadtbetriebe Unna eine Verrohrung
auf einer Länge von rund zwei Kilometern im bemannten Rohrvortrieb. Im Anschluss an diese Arbeiten musste der Mischwasserkanal im Bahnhof Unna unter der Gleisanlage ertüchtigt werden. Das Altprofil des Kortelbachs wurde im laufe der Zeit ständig verlängert, mit der Vergrößerung des Bahnhofs musste
auch die Kanalisation entsprechend angepasst werden. Das Profil bestand aus einem Rechteck ca. 1,90 Meter breit mit aufgesetztem Halbkreis.
Die Kanalsohle wies viele Fehlstellen auf, die Mauerwerksfugen waren auf der gesamten Länge von 120 Metern ausgewaschen und hätten aufwendig renoviert werden müssen. Auf der südlichen Seite der Bahnanlage, im Zulauf, ändert die Kanaltrasse ihre Richtung um ca. 12 Grad. Da diese Richtungsänderung auf dem Bahngelände liegt, war die Errichtung einer Baugrube an dieser Stelle nicht realisierbar. Die Zugänglichkeit auf der nördlichen Seite ist durch einen Profilwechsel stark eingeschränkt. Insgesamt stellte die Abwasserhaltung - und somit die Sicherheit der Mitarbeiter - die größte Herausforderung für die Sanierung des Altprofils dar.“
Variantenprüfung und Entscheidung für einen UV-Liner
Unter Berücksichtigung der vorbenannten Randbedingungen wurden unterschiedliche Möglichkeiten der Sanierung untersucht. Thomas Matter führt aus: „Wir taten das in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Pipefocus aus Krefeld und favorisierten zur Querung der Gleisanlage einen Neubau im Rohrvortriebsverfahren. Aber die benötigen Grundstücke im geplanten Trassenverlauf standen nicht zur Verfügung. Der Einbau eines Wickelrohrs scheiterte an der beschriebenen Situation des Trassenverlaufs und der Profilzugänglichkeit. Als nicht durchführbar erwies sich der Einbau von einzelnen Segmenten. Auch der Einbau eines wasserhärtenden Inliners kam nicht in Frage: Eine Durchflussmengenmessung in den Vormonaten ergab für den Trockenwetterabfluss während der
Nachtstunden einen Wert von 10 1/ s, während ein Starkregenereignis mit der Mischwassermenge von 4800 1/s gemessen wurde. Die Zeit für die Aufheizung des Inliners beträgt ca. eine Woche. Da die Wetterlage für den Zeitraum des Auft.leizens nicht kalkulierbar ist, schied diese Variante ebenfalls aus.
Der Einbau eines UV-Liners erschien aufgrund der Richtungsänderung im Trassenverlauf als nicht realisierbar und wurde als Option zunächst nicht weiter verfolgt.“
Eine Lösung zeichnete sich ab, als die Stadtbetriebe Unna zwei weitere Unternehmen an den Planungen für die Kanalsanierung beteiligten: Die SMG Bautenschutztechnik (SMG) für Hoch- und Tiefbau brachte ihr Fachwissen bei der Planung und Durchführung für den Umbau und die Profilierung des rechteckigen Profils in eine Halbschale DN 1850 ein. Die DIRINGER & SCHEIDEL ROHRSANIERUNG NL Gelsenkirchen (D&S) formulierte als Anwender die Bedingungen für einen lichthärtenden Inliner. Als Planungsgrundlage diente ein Laserscan des Vermessungsbüros Geokart aus Dresden.
2. Vorbereitende Bautechnik durch SMG
Dipl.-lng Volker Schmidt, Geschäftsführer der SMG, beschreibt eine knifflige Situation: Der Laserscan ergab, dass die Breite des Kortelbachs von 1,80 m bis 1,90 m und die Höhe von 1,92 m bis 2,27 m variierte. Zudem schnürte eine im Kanal verlegte Grauguss-Leitung DN 400 den Sohlbereich um ca. 50 cm ein. Im Ergebnis der Einarbeitung einer Idealgeometrie eines Liners in den Laserscan belief sich der größte einbaubare Querschnitt auf DN 1800. Es wurde deutlich,
dass das vorhandene Sohlniveau durchgängig erhöht werden musste. An der tiefsten Stelle mussten ca. 60 cm Höhenunterschied ausgeglichen werden. Auf der vorhandenen Kanalsohle hatten sich im laufe der Zeit Geröll und Gesteinsbrocken abgelagert, teilweise im Durchmesser eines Medizinballs. Die Aufgabenstellung war somit eindeutig definiert: Vorhandene Ablagerungen entfernen, Graugussleitung DN 400 ausbauen, neues Sohlniveau herstellen und
Einbau eines Sohlgerinnes als Halbschale DN 1800."
Konzeption einer innenliegenden Wasserhaltung
Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten war eine innenliegende Wasserhaltung zu konzipieren, die nicht nur einfach das Abwasser abführt, sondern auch auf die unterschiedlichen Arbeitsschritte abgestimmt sein, musste. Volker Schmidt erläutert: „Nach Erstellung einer ca. 6 m tiefen Baugrube, der damit verbundenen Entfernung der Kanalhaube plus Absicherung der Baugrube durch Spritzbeton, entschieden wir uns für folgende Lösung: Es wurde eine Abmauerung mit insgesamt vier Durchleitungspunkten DN 250 und einem Notablauf DN 300 eingebaut. Die Höhe der Abmauerung betrug ca. 1 m. Das Abwasser konnte auf diese Höhe eingestaut werden, ohne Rückstauschäden zu verursachen. So konnte die Sohle händisch geräumt werden."
Ausbau einer Graugussleitung DN 400
Danach stand die Herkulesaufgabe an, die insgesamt ca. 30 Tonnen schwere und 120 m lange Gussrohr-Leitung auszubauen. Mit Hilfe von im Bergbau gängigen technischen Hilfsmitteln schnitten die Fachleute der SMG im Bereich der Rohrmuffen kleine Fenster. In diese Fenster konnten Klauen von Stahlwinden fixiert werden. Mit einer Druckkraft von über 3 Tonnen wurde der Rohrstrang abschnittsweise von der Kanalwand abgedrückt. Die ca. 3,5 m langen Rohre waren mit einem Einzelgewicht von rund 850 kg für den Quertransport im Kanal allerdings immer noch zu schwer. Um sie im Kanal in kleinere Teile zu zerlegen, kamen hydraulische Einzylinder-Pressen mit einer Druckkraft von 300 Tonnen zum Einsatz. Die gesprengten Teile konnten anschließend im Kanal transportiert und mit einem Kran aus der Baugrube geborgen werden.
Neues Sohlniveau und Sohlgerinne als Halbschale DN 1800
Volker Schmidt erläutert die darauf folgenden Arbeitsschritte: „Jetzt wurde die Höhe des neuen Sohlniveaus eingemessen. Die lichte Weite zwischen Scheitel und ne1:1eSr ohle wurde exakt auf 1,85 m festgelegt. Eine mobile Betonpumpe förderte im Nachgang rund 60 m3 Beton in den 120 m langen Kanalabschnitt.“
Nach der Aushärtung des Betons ergänzte das SMG-Team die innenliegende Abwasserüberleitung durch zwei Rohrstränge DN 250 im unteren Eckbereich. Ein auf Sohlhöhe ankommender seitlicher Zulauf wurde gleich daran angeschlossen, denn diese Rohrstränge sollten nach Abschluss der kompletten Maßnahme die Abwasserfracht im Sanierungsabschnitt erhöhen. Zur Vorbereitung des später von der DIRINGER&SCHEIDEL Rohrsanierung einzubauenden Lichthärtenden Liners stellte SMG im nächsten Schritt eine Halbschale mit exaktem Durchmesser DN 1800 und einer glatten Oberfläche her. Mit einem Holztechniker war ein Schalkörper in Leichtbauweise entwickelt worden, der im Kanal problemlos transportiert und eingebaut werden konnte. Zur Herstellung der Schalkörper
wurden dem Radius entsprechende Holzrahmen digital visualisiert und mittels CNC- gesteuerten Portalfräsmaschinen hergestellt. Nach der Anlieferung auf der Baustelle wurden die Schalköper Element für Element eingebaut. .Bei der Positionierung des Fertigteils war es wichtig, die Höhe der späteren Sohle exakt auf 1,80 m unterhalb des Scheitels einzuhalten. Die Schalkörper waren so konstruiert, dass diese stumpf voreinander gesetzt werden konnten, um sie dann miteinander zu verschrauben,“ so Volker Schmidt.
Nachdem die Schalkörper höhengerecht im Kanal fixiert wurden, erfolgte der Einbau einer Auftriebssicherung durch Schwerlaststützen. Die Hinterfüllung der Schalung mit Blitzdämmer konnte nun problemlos durchgeführt werden. Nach der Aushärtung des Verfüllmaterials wurden die Schalkörper gelöst und an anderer Stelle neu montiert. Abschließend wurden die Verfüllkanten mit Mörtel händisch kreisrund ausprofiliert, sodass dem Einbau eines lichthärtenden Inliners nichts mehr im Weg stand.
Passgenaue UV-lichthärtende Schlauchliner-Technologie im Einsatz
D&S konzipierte die Sanierung mit einem Alphaliner 1800H-UP, der für die Sanierung von Großprofilen entwickelt wurde. Für diesen Alphaliner wird ein speziell ausgelegtes Polyesterharz verwendet, das sich durch höchste Beständigkeit gegenüber kommunalen Abwässern auszeichnet (UP; klassifiziert nach DIN EN 13121 in Gruppe 4; DIN 16946-2 Typ 1140; DIN 18820 Gruppe 3). Die verwendeten ECR-Glasfasern sind besonders korrosionsbeständig.
„Unsere Schlauchliner-Technologie hat sich bei derartigen Sanierungsvorhaben bereits häufig bewährt und wir arbeiten hierbei hinsichtlich des einzusetzenden Liners häufig mit RELINE EUROPE zusammen“ sagt Dipl.-Ing. (FH) Richard Mohr, Geschäftsführer der DIRINGER & SCHEIDEL ROHRSANIERUNG.
„Der Alphaliner von RELINE ist ein GFK-Schlauch mit einem extrem flexiblen Aufbau. Dies und unsere innovative UV-Aushärtetechnik erwiesen sich als ideal für dieses außergewöhnliche Sanierungsprojekt mit seinen anspruchsvollen Herausforderungen, die es beim Einbau des Liners zu bewältigen galt,“ so Richard Mohr.
Dipl.-Ing. (FH) Matthias Zeh, Niederlassungsleiter der D&S Rohrsanierung in Gelsenkirchen:
„Mit diesem UV-lichthärtenden GFK-Schlauchliner können grabenlose Sanierungsmaßnahmen besonders schnell und effizient ausgeführt werden. Dieser Aspekt ist für das Projekt Kortelbach bezüglich der Abwasserhaltung von besonderer Bedeutung gewesen. Nach den Vorbereitungsarbeiten, zu denen beispielsweise der Bau einer „Rutsche“ zum Eingeben des Schlauchliners in die Baugrube gehörte, mussten wir für den eigentlichen Einbau des Schlauchliners auf eine Trockenwetterperiode von drei Werktagen warten.
Um die Zeit der Wasserhaltung möglichst gering zu halten, wurde der Liner mit einem Durchmesser von 1850 mm, einer Wandstärke von 10,4 mm und einem Gesamtgewicht von ca. 30 to - trotz des Bogens - an einem Stück durchgeführt. Zur Aushärtung kam unsere extrem leistungsstarke High-Tech UV-Anlage REE4000, welche durch innovative Strahler-Technologie mit einer Gesamtleistung von 24.000 Watt eine schnelle Aushärtung des Schlauchliners ermöglicht. Gerade bei solch anspruchsvollen Projekten nutzen wir in der D&S Rohrsanierung das Know-how unserer verschiedenen Niederlassungen im In- und Ausland. So wurde die Installation dieses Schlauchliners von Spezialisten unseres Standorts Rhein-Ruhr in Gelsenkirchen und unserer italienischen Schwesterfirma ROTECH Srl mit Unterstützung der Anwendungstechniker von RELINE EUROPE durchgeführt.“
Der Alphaliner ist für eine hohe statische Belastbarkeit konzipiert und ermöglicht so die wirtschaftliche Sanierung insbesondere von Kanälen mit sehr großen Dimensionen. Bei der Sanierung entsteht ein äußerst belastbares Linerrohr, das auch extremen statischen und dynamischen Einflüssen widersteht
Ablauf der grabenlosen Sanierung mit dem Alphaliner
In einem ersten Schritt musste der zu sanierende Kanal wie oben beschrieben vom Team der SMG vorbereitet werden. Anschließend folgte der Einzug des Alphaliners mit Hilfe eines Förderbands in den Schacht und in den zu sanierenden Kanalabschnitt. Mit der integrierten Gleitschutzfolie sowie dem integrierten Preliner, ist der Liner während des Einzugs vor hohen mechanischen Belastungen geschützt und kann so optimal in den Kanal eingezogen werden. Die für den Einzug ausgehobene und entsprechend gesicherte Baugrube führte in eine Tiefe von 6 m.
Danach folgte die Aushärtung des Alphaliners mittels UV-Lichtquelle und darauf verbauten Spezial-UV-Strahlern. Der Aushärteprozess wurde online anhand gemessener Aushärteparameter kontinuierlich überprüft und dokumentiert. Nach einer Dichtheitsprüfung und Entnahme einer Baustellenprobe für die Qualitätsprüfung konnte das Sanierungsprojekt „Am Kortelbach“ mit der fachgerechten Anbindung der Linerenden an den Schacht und des Alphaliners an die Seitenzuläufe abgeschlossen werden.